Im Mai 2024 absolvierten Berater der Landwirtschaftskammern in Großenzersdorf eine Schulung zu DIVRS-Mischungen. Diese enthalten eine große Anzahl von heimischen Wild-Pflanzen. Hier erfahren Sie mehr über die Biologie der ausdauernden Arten. Außerdem zeige ich auf, wie wir diese Pflanzen noch nutzen können.
Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat die Landschaft verändert. In den letzten 50 Jahren haben Veränderungen in unseren Ökosystemen so schnell und umfangreich wie noch nie stattgefunden. Grünland wurde zu Acker. Extensives Grünland wurde zu Intensivgrünland. Ertragsschwache Grenzertragsstandorte wurden in Nutzung gestellt. Dies hat zu einem Biodiversitätsverlust geführt.
Die grüne Architektur des Green Deal der EU fordert und fördert die Anlage von Ackerstilllegungen. Dadurch erbringt die Landwirtschaft wichtige Ökosystemleistungen.
Die Ausdauernden
Ausdauernde Pflanzenarten (Stauden) findet man oft in nährstoffreichen Wiesen, im öffentlichen Grün, in Hausgärten, aber auch an Straßenrändern. Sie sind meist schnitt- und trittverträglich. Unterirdisch lagern diese Arten Reservestoffe in ihren ausdauernden Wurzelstock ein. Über den Winter sieht man meist nur eine grundständige Blattrosette. Erst im Frühjahr strecken sich die Blütentriebe.
Die folgenden Pflanzenportraits sind nach Blütezeit geordnet. Dadurch wird deutlich, dass die ganze Vegetationszeit hindurch ein Blütenangebot besteht.
Die ausdauernde rote Lichtnelke (Silene dioica, rosa links) ist ein Nährstoffzeiger und bevorzugt lockere, nährstoffreiche und basenhaltige Standorte, wie feuchte Wiesen und lichte Wälder. Das Nelkengewächs blüht von April bis September und liefert Pollen und Nektar. Die rote Lichtnelke wird von Schmetterlingen und Hummeln bestäubt und ist Nahrungslieferant für Schmetterlings Raupen und Schwebfliegen.
Die Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi) besiedelt als Feuchtezeiger eher nasse, nährstoffreiche Böden, Fettwiesen, Sumpf- und Moorwiesen.
Das Nelkengewächs blüht mit feingegliederten rosa Blüten von Mai bis Juli. Mehrere Wildbienenarten sind an diese Art gebunden und sammeln ihren Pollen.
Die Saponine enthaltenden Wurzeln hat man früher zum Waschen verwendet.
Das gewöhnliche Leimkraut (Silene vulgaris) wird auch Taubenkropf-Leimkraut, aufgeblasenes Leimkraut oder Klatsch-Leimkraut genannt. Das Nelkengewächs ist eine anspruchslose Garten-, Weg- und Wiesenpflanze. Als Rohbodenpionier wächst sie bevorzugt auf stickstoffarmen Böden. Sie blüht von Mai bis August. Der Nektar ist tief am Blütengrund verborgen, so dass nur langrüsselige Bienen und Falter ihn erreichen können. Hummeln beißen an der Blütenbasis ein Loch in den Blütenkelch, um an den Nektar zu gelangen. Nachts verströmt die Pflanze einen angenehmen Geruch, der vor allem Nachtfalter anlockt.
Wiesen Salbei (Salvia pratensis) wächst auf Magerrasen, Halbtrockenrasen, Fettwiesen, Wege, Böschungen und Dämmen auf eher trockenen basenreichen, meist kalkhaltigen Böden. Der aromatisch duftende Lippenblütler blüht von Mai bis August.
Sehenswert! Vor allem Hummeln lösen beim Besuch der Blüte einen besonderen Mechanismus aus: Die beiden Staubblätter klappen auf den Rücken des Insekts herab und pudern es mit Blütenstaub ein. Auf der nächsten Blüte streift das Insekt den Pollen an der Narbe ab.
Das gelb blühende echte Labkraut (Galium verum) bevorzugt sonnige trockene Standorte am Wegrand, am Feldrain, an Böschungen, auf Magerwiesen und Weiden. Die honigartig duftende Blüte dauert von Anfang Mai bei Ende September. Sie ist wertvoll für Schwebfliegen und für Wildbienen, von denen 2 Arten auf den Pollen des Rötegewächses (Rubiaceae) spezialisiert sind.
Das gelbe Labkraut zählt seit Jahrhunderten zu den häufig verwendeten Pflanzen der Klostermedizin. In der Volksheilkunde nutzt man die drüsenstärkende Kraft des Labkrautes. Es unterstützt das Lymphsystem und soll Schmerzen durch Gicht und Rheuma lindern (Kräuterbad zur Entgiftung). Im Tee soll es für guten Schlaf sorgen. Dafür ist der Mix an Inhaltstoffen wie Cumarin, ätherischen Ölen, pflanzlichen Säuren und Flavonoiden sowie Glycosiden verantwortlich.
Früher wurde die Pflanze zur Käsegewinnung verwendet. Das „Labkraut“ bringt Milch zum Gerinnen. Heute verwendet man die Blüten zur Aromatisierung von Getränken.
Die ausdauernde weiße Wiesen-Margerite oder Gemeine Wucherblume (Leucanthemum vulgare) blüht von Mai bis Oktober auf mäßig nährstoffversorgten, warmen, basenreiche Halbtrockenrasen. Der Korbblütler ist schnittverträglich und bietet Nahrung für Wildbienen, Schwebfliegen und Schmetterlinge.
Der selten gewordene Heil-Zeist (Betonica officinalis) ist Zeiger für magere und wechselfeuchte Standorte und ist daher auf feuchten Moor- und Bergwiesen auf basenreichen und kalkarmen Böden anzutreffen. Der hübsche Lippenblütler blüht von Juni bis September. Aufgrund seines Reichtums an Nektar ist er beliebte Bienenweide aber auch Raupenfutter- und Nektarpflanze für Schmetterlinge. Der monophage Heilziest-Dickkopffalter ist ausschließlich auf diese Pflanze spezialisiert und angewiesen.
Seit der Antike ist der Ziest geschätzte Heilpflanze, Würz- und Färberpflanze. Heute wird er in der Volksheilkunde noch gegen Durchfallerkrankungen eingesetzt.
Die Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis) gehört zu den Geißblattgewächsen (Caprifoliaceae). Als Lehmzeiger gedeiht sie auf Fettwiesen und Halbtrockenrasen sowie an Wegrändern. Im Juni bis September sind Witwenblumen und Scabiosen besonders anziehend für Schmetterlinge, wie das rot-schwarz gefärbten Blutströpfchen (Rotwidderchen). Auch Wildbienen und Fliegen sowie Käfer schätzen den wertvollen Nektar. Die essbare Wildpflanze wurde früher als Heilpflanze verwendet.
Die ausdauernde Kartäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum) ist auf warmen, kalkreichen, nährstoffarmen Halbtrockenrasen und Waldrändern heimisch. Ihre Blüte von Juni bis September ist für 3 Wildbienenarten überlebens-notwendig. Vor allem Schmetterlinge – hier ein Esparsetten-Widderchen - besuchen dieses unter Naturschutz stehende Nelkengewächs (Caryophyllaceae).
Das echte Johanniskraut (Hypericum perforatum) wird im Volksmund auch Sommersonnwendkraut, Hartheu, Christiwunderkraut, Gottesgnadenkraut, Herrgottsblut, Blutkraut, Johannisblut, Arnika der Nerven und Wundkraut genannt.
Das Hartheugewächse (Familie Hypericaceae) stellt an den Boden keine besonderen Ansprüche. Der licht- und wärmeliebende Magerkeitsanzeiger bevorzugt trockene, sonnige Wegränder, Böschungen, Gräben, Wiesen und Waldlichtungen.
Ab Juni bis September lockt die Blüte Wildbienen und Schwebfliegen an.
Die Inhaltsstoffe Hypericin und Hyperforin wirken ausgleichend und beruhigend aber nicht ermüdend. So entspannt das Kraut z.B. vor Prüfungen. Bitterstoffe, Gerbstoffe, Flavoniode, ätherische Öle wirken widrig gegen Viren und Bakterien, schmerzlindernd, entspannend und seelisch ausgleichend.
Auch bei der Heilung von Narben, bei Verbrennungen oder Sonnenbrand unterstützt das Johanniskraut. Es macht uns aber auch „lichtdurchlässiger“, wirkt stimmungserhellend im Winter bei Melancholie oder hochdosiert bei leichten Depressionen. Nur in Absprache mit dem Arzt verwenden, da es Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten geben kann!
Die Gemeine Schafgarbe (Achillea millefolium) ist eine genügsame, widerstandsfähige, ausdauernde Pionierpflanze, die auf trockenen Wiesen, Weg- und Feldrändern anzutreffen ist.
Der deutsche Name Schafgarbe leitet sich vom altgermanischen Wort „garwe“ ab, was so viel wie „gesund machen“ bedeutet. Der Artname „millefolium“ und der Volksname Tausendblatt weisen auf die fein zerteilten wechselständigen Blätter dieses ausdauernden Korbblütlers (Asteraceae) hin. Die kleinen Blütenköpfchen des Korbblütlers werden von Juni bis Oktober von Insekten, vor allem Schwebfliegen sowie Hummeln, Wollschwebern, Wespen und Bienen bestäubt.
Die aromatisch-bittere Schafgarbe gehört zu den ältesten Heilpflanzen der Menschen. Neben zahlreichen Ätherische Ölen enthält sie Bitterstoffe, die den Fluss der Verdauungssäfte anregen und so Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse unterstützen.
Im Altertum wurde Schafgarbe zur Blutstillung verwendet, daher stammt der Name „Soldatenkraut“, „Jod der Wiese“ oder auch „Mutterkraut“: Die Bezeichnung Frauendank oder der Satz „Schafgarb im Leib tut wohl dem Weib“ zeugen von der Bedeutung als Frauenheilpflanze. Allgemein kommt sie als „Bauchwehkraut“ zum Einsatz.
Sie ist traditionellerweise auch ein Bestandteil des Kräuterbuschens, der am 15. August zu
Maria Himmelfahrt geweiht wird. Außerdem galt sie auch als Orakelpflanze in Liebesangelegenheiten.
Die purpurfarbene ausdauernde Scabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa) blüht von Juni bis Oktober und bevorzugt kalkreiche, nährstoffarme Halbtrockenrasen. Sie wird von rund 30 Wildbienenarten wegen ihres Nektar- und Pollenreichtums besucht. Auch bei Schmetterlingen ist der Korbblütler sehr beliebt!
Die gewöhnliche Wegwarte (Cichorium intybus) wird von Juli bis Oktober von Wildbienen und Schwebfliegen vor allem wegen ihres Nektars besucht. Die Pionierpflanze der Korbblütler ist an sonnigen, trockenen, offenen Standorten vertreten. Wegen ihrer Salztoleranz trifft man sie häufig an Straßenrändern an.
Die Vitamin- und Mineralstoff-reiche Wilde Endivie ist die Urform von Chicorée, Radicchio und Zuckerhut und eignet sich daher hervorragend als Bittersalat. Dafür erntet man junge Rosettenblätter im Frühling und im Herbst. Auch die nur am Vormittag geöffneten Blüten sind kulinarisch wertvoll. Die Inulin-haltige Wurzel ist als Gemüse oder Kaffeeersatz beliebt.
Als Bitterstoff-Pflanze unterstützt sie mit allen Pflanzenteilen Galle und Leber.
Vielfalt auf meinem Betrieb – von Bauer zu Bauer
Immer mehr Bäuerinnen und Bauern erkennen, dass jeder Betrieb Lebensräume zu bieten hat. Viele kleine Maßnahmen tragen zur Förderung der Vielfalt bei. Wollen Sie sich darüber mit Berufskollegen austauschen, sich selbst informieren und/oder Ihre Erfahrung weitergeben? Dafür gibt es eine Plattform: https://www.vielfalt-am-betrieb.at/