Am 29. April 2025 kamen rund 20 Teilnehmer einer ÖPUL-BIODIVERSITÄTS-WEITERBIDLUNG in den Genuss einer Exkursion, die uns tolle Einblicke in die Betriebs-Philosophie der Triebaumers ermöglichte. Wie ich diesen Vormittag empfunden habe, lesen Sie hier.
Wenn ich den Innenhof des Hauses von Familie Triebaumer betrete, setzt bei mir eine sofortige Entschleunigung ein. Ich halte inne und staune über die Natürlichkeit und Vielfalt, die hier ist.
Wir starten im Hof. Die Vorjahrestriebe der Goldrute dienen aktuell noch als Lebensraum und Strukturelement. Herbert Triebaumer erzählt mir, wie er im Vorjahr seine Küken mit Holundertrieben großgezogen hat. Die Tiere wurden kräftig und der Holunder wurde auf ein verträgliches Größen-Ausmaß reduziert. Die extensive Gartenpflege nimmt 1 Stunde pro Jahr in Anspruch.
Zu Fuß geht es in die Weingärten. Die Begrünung entspricht hier der natürlichen Pflanzengesellschaft auf diesem Standort. Unterschiedlichste Gräser und Kräuter haben Quecke und andere „Unkräuter“ verdrängt. Hilfreich dabei ist die Beweidung mit Schafen, die die Triebaumers regelmäßig zur Weingartenpflege im Winterhalbjahr einsetzen. Darüber hinaus wird sporadisch der Bewuchs in den Rebgassen mit einem Sichelmulcher mit hohem Schnitt eingekürzt oder mittels Cambridge-Walze bodennah gebracht. Viele Jahre lang verfolgt Herbert Triebaumer das Ziel, den Boden permanent bewachsen zu halten. Und er fragt sich oft: „Kann Begrünung Selbstzweck sein?“ Uns antwortet er nun: „ja! Der Boden strebt nach Selbstbegrünung. Warum soll ich gegen die Natur ankämpfen? Ich arbeite mit ihr.“
Er geht noch einen Schritt weiter und integriert Bäume in seinen Weingärten. Vitiforest ist keine neue Errungenschaft. Lange Zeit haben Obstbäume unsere Wein-Kulturlandschaften geprägt, bis die fortschreitende Mechanisierung zum Ausräumen der Flächen geführt hat. Nun erkennt man erst unter den sich ändernden Klimabedingungen, dass unsere Vorfahren es bereits richtig gemacht haben und mit Bäumen nicht nur wertvolle Strukturen und Lebensräume erhalten haben, sondern auch wesentlich zu kleinen Wasserkreisläufen und zur Klima-Regulierung beigetragen haben. Außerdem war das Obst dieser Bäume eine Nahrungs- und Einnahmequelle. Nicht nur die Früchte von Bäumen sind essbar. Das Laub vieler Baumarten ist wertvoller Energie- und Mineralstoff-Lieferant und nutzbar als Futterlaub für Tiere oder Speiselaub als Ergänzung der menschlichen Nahrung. Beim Schneiteln werden die einjährigen Triebe essbarer Bäume geerntet.
Günther Triebaumer erzählt von der Entstehung der Trockensteinmauer und über den Wert als Landschaftselement und Biotop. An der Basis ist die Mauer über einen Meter breit. Eidechsen können für die Aufzucht ihres Nachwuchses den Temperaturgradienten im Bauwerk optimal nutzen.
Die Reste des Bauprojektes sind ebenfalls wertvolle Strukturen, die Amphibien, Spinnen, kleinen Säugern und unzähligen anderen Lebewesen Unterschlupf und Lebensraum bieten.
Bei der Auspflanzung lockert Herbert nur noch den Pflanzstreifen. Dazwischen bleibt der Boden unberührt. Beim Thema Bodenbewirtschaftung weist Herbert auf die Ökonomie der Ökologie hin. Je mehr man sich bei der Bewirtschaftung an die natürlichen Kreisläufe und Gesetzmäßigkeiten anpasst, desto weniger Energie und Zeitaufwand wird benötigt.
„Struktur schafft das Leben“ bekräftigt Herbert Triebaumer und bestätigt damit, dass der Bewirtschafter die Bedingungen schafft. Die Natur macht den Rest. Dabei ist die Biotopvernetzung – die Verbindung einzelner Lebensräume - für den Erhalt der genetischen Vielfalt entscheidend. Und diese ist für eine laufende Anpassung an die Umweltbedingungen notwendig.
Gerhard Triebaumer erläutert die wasserbauliche Einrichtung an der Wegkreuzung. Das Wasser, das den Weg herunterrinnt soll nicht über das nächste Gewässer aus der Landschaft entsorgt werden. Das kostbare Nass wird an dieser Stelle auf den Grund der Triebaumers geleitet, wo es versickert und zum Wasserrückhalt in der Landschaft beiträgt.
Ich frage Gerhard Triebaumer: „Räumt ihr die Nistkästen aus?“ Er antwortet:“ In der Natur räumt niemand die Baumhöhlen aus. So kann zum Beispiel der Bücherskorpion die alten Nester besiedeln.“
Ich arbeite mit dem was da ist, meint Herbert Triebaumer und führt uns in einen ehemals völlig verwilderten Weingarten. Mittels manueller Entfernung von Bäumen und Buschwerk sowie intensiver Beweidung erfolgte eine Revitalisierung der alten Rebanlage als Hochkultur. Der Ertrag der Reben ist für ihn sekundär, da er die Fläche als Weide nutzt.
Die dominierenden Sträucher - Weißdorn und Heckenrose - durften vereinzelt in den Rebzeilen verbleiben. Weißdorn dient nun als Unterlage für unterschiedliche Obstgehölze.
Die knappe Ressource ist nicht die Arbeitskraft, sondern das Land, ist Herbert überzeugt.
Vielschichtige strukturreiche Permakultur-Systeme sind weit ertragreicher als herkömmlicher Ackerbau oder Obstbau. Sie verlangen Handarbeit und mittlere Technologie - also Kettensäge und Spaten. Mehr braucht es nicht.
Noch Tage später klingen die Eindrücke dieses Tages in mir nach. Und ich freue mich auf die nächsten Exkursionen „gelebte Biodiversität“ zu ebenso leidenschaftlichen Menschen auf ihren vielfältigen Betrieben.