Chirurgischer Rebschnitt – Eine Innovation in der Esca-Bekämpfung
Die Rebchirurgie ist ein relativ neuer Ansatz in der Bekämpfung von Esca. Angeblich stammt diese Technik aus dem Friaul. Der Südtiroler Beratungsring hat diese Technik aufgegriffen und weiterentwickelt. Eines der Hauptziele war es die Leistung zu erhöhen (mehr Stöcke pro Stunde) und dadurch für die Betriebe billiger und somit leistbarer zu machen.
Warum?
Der klassische Rebschnitt hat, wie sich in den letzten Jahren immer mehr herausstellte, auch einige gravierende Nachteile. Das Hauptproblem ist, dass immer wieder große Schnittwunden mit der Säge gemacht werden (müssen). Die Rebe kann große Wunden nur sehr schlecht verschließen. Über große Wunden können holzzerstörende Pilze wie z.B. Erreger von Esca eindringen und den Stock von innen heraus zerstören. Esca wird nicht nur durch einen einzigen Pilz verursacht, sondern es können sehr viele Pilzarten daran beteiligt sein. Die Besiedelung erfolgt immer in zwei Schritten. Zuerst dringen "Erstbesiedler“ ins Holz ein. Erst in weiterer Folge kommen die "Zweitbesiedler“ und rufen die sogenannte "Weißfäule“ hervor. Diese ist am weichen, schwammigen Holzgewebe erkennbar. Sobald die Weißfäulepilze am Werk sind, werden auch Giftstoffe abgesondert, auf die die Rebe mit den sogenannten "Tigerstreifen“ (= typisches Erkennungsmerkmal von Esca) reagiert (siehe Abb. 1).
Behandelt man Esca nicht, dann wachsen die Pilze vom Holzinneren her immer weiter nach außen und führen schlussendlich zum Absterben des Rebstockes. In Südtirol (und sicher auch bei uns) gibt es ca. 25-jährige Rebanlagen (v.a. Sauvignon Blanc, Traminer,…), wo auf Grund von Esca-Ausfällen nur mehr rund ein Drittel der Originalstöcke stehen. Der Rest musste im Laufe der Jahre bereits nachgepflanzt werden. Ein Ansatz zum Vermeiden von Esca ist der "Wundarme Rebschnitt“. Was kann man aber mit Anlagen tun, die jahrelang "klassisch“ geschnitten wurden? Ein möglicher Ansatz ist die Rebchirurgie.
Behandelt man Esca nicht, dann wachsen die Pilze vom Holzinneren her immer weiter nach außen und führen schlussendlich zum Absterben des Rebstockes. In Südtirol (und sicher auch bei uns) gibt es ca. 25-jährige Rebanlagen (v.a. Sauvignon Blanc, Traminer,…), wo auf Grund von Esca-Ausfällen nur mehr rund ein Drittel der Originalstöcke stehen. Der Rest musste im Laufe der Jahre bereits nachgepflanzt werden. Ein Ansatz zum Vermeiden von Esca ist der "Wundarme Rebschnitt“. Was kann man aber mit Anlagen tun, die jahrelang "klassisch“ geschnitten wurden? Ein möglicher Ansatz ist die Rebchirurgie.
Was ist Rebchirurgie?
Bei der Rebchirurgie werden mit Hilfe von kleinen Motorsägen kranke Holzteile durch Herausfräsen entfernt. Man könnte es mit dem Entfernen eines Tumors bei einem krebskranken Menschen vergleichen. Schneidet man Escastöcke quer durch, dann kann man meist erkennen, dass nur mehr ein sehr schmaler, äußerer Ring von gesunden Leitungsbahnen die Triebe der Laubwand versorgt. Dieser Ring muss unbedingt erhalten bleiben. Durch das Entfernen kranker Holzteile kann der Absterbeprozess des Rebstockes gestoppt oder zumindest verzögert werden. Die Rebe bleibt am Leben und hat annähernd die gleiche Leistung wie gesunde Stöcke. Bei fachmännischer Durchführung liegt die Erfolgsrate deutlich über 90%. Wird die Rebchirurgie nicht sachgerecht durchgeführt, kann aber die Erfolgsrate schnell auf nur 60% (oder darunter) herabsinken. Jene Stöcke, die die Prozedur überleben, haben in der Traubenqualität keine Unterschiede zu gesunden Stöcken. Lediglich eine leichte Austriebsverzögerung ist erkennbar. Bis zur Blüte gleicht sich das aber wieder aus. Es gibt Untersuchungen wonach über 80% der Stöcke mit Escasymptomen innerhalb von 5 Jahren absterben, wenn keine Behandlung erfolgt. Es ist also kein großes finanzielles Risiko dabei, wenn man die Rebchirurgie versucht. Wenn es schiefgeht hat man nur die Kosten für die aufgewendete Arbeitszeit und ev. für die angeschaffte Ausrüstung verloren. Hat man Erfolg, dann hat man so gut wie keine Ernteausfälle, im Gegensatz zu nachgepflanzten Jungreben, wo man meist erst ca. ab dem 5. Jahr mit einer normalen Ernte rechnen kann. Grundsätzlich kann man die Rebchirurgie das ganze Jahr über durchführen, allerdings wird die Winterzeit bevorzugt, weil man unbedingt Schutzausrüstung tragen sollte und diese sehr warm ist. Damit wären wir bei einem wichtigen Thema angelangt.
Arbeitssicherheit
Rebchirurgie ist gefährlich!!! Man kann das nicht oft genug betonen. Kein Stock der Welt ist das Risiko wert, dass man sich mit einer Motorsäge z.B. ins Bein schneidet. Entsprechende Arbeitsschutzkleidung (siehe Abb. 2) ist daher unbedingt ein MUSS! Wer hier spart, spart am falschen Platz! In Südtirol darf keine Person am Kurs für den chirurgischen Rebschnitt teilnehmen, wenn sie nicht zuvor den Forstsicherheitskurs absolviert hat.
Man braucht:
• Schnittschutzkleidung
• Schnittschutzschuhe
• Schnittschutzhandschuhe
• Gesichtsschutz
• Kopfschutz
• Gehörschutz
Weiters wird aus Sicherheitsgründen der Rebstecken herausgezogen, damit man mehr Bewegungsfreiheit hat und nicht versehentlich hineinschneidet. Außerdem kann man Gummispanner zum Fixieren der Stöcke (siehe Abb. 3) und dadurch Verringern von Stockvibrationen verwenden. Diese eignen sich auch zum Hinaufspannen von Kordondrähten nach oben (siehe Abb. 4). Dadurch vergrößert man den Abstand der Kordondrähte zum Gefahrenbereich.
Man braucht:
• Schnittschutzkleidung
• Schnittschutzschuhe
• Schnittschutzhandschuhe
• Gesichtsschutz
• Kopfschutz
• Gehörschutz
Weiters wird aus Sicherheitsgründen der Rebstecken herausgezogen, damit man mehr Bewegungsfreiheit hat und nicht versehentlich hineinschneidet. Außerdem kann man Gummispanner zum Fixieren der Stöcke (siehe Abb. 3) und dadurch Verringern von Stockvibrationen verwenden. Diese eignen sich auch zum Hinaufspannen von Kordondrähten nach oben (siehe Abb. 4). Dadurch vergrößert man den Abstand der Kordondrähte zum Gefahrenbereich.
Geräte
Auch bei der Motorsäge gilt der Spruch, dass man sich mit stumpfem Werkzeug viel leichter verletzen kann als mit scharfem, weil man mit mehr Druck arbeiten muss. Viel Wert wurde daher bei dem Seminar auf das Zeigen des richtigen Schärfens gelegt. An der Technik haben die Kollegen vom Südtiroler Beratungsring sehr viel herumgetüftelt und sich sogar einen Trainer geholt, der ansonsten Teams, die an Timber-Sports-Meisterschaften teilnehmen, in der Feiltechnik trainiert. Man hat viel am Material probiert und experimentiert. Zur Zeit ist man am zufriedensten mit kleinen Motorkettensägen der Marke Stihl mit einem 35cm-Schwert und 3/8“-Kette. Für Kordonanlagen werden spitzere "Carving“-Schwerter verwendet (siehe Abb. 5). Damit man leistungsfähiger ist, hat man sogar die Zähne an den Carving-Sägen modifiziert (siehe Abb. 6). Die Kettensägenfirmen haben meist 2 Produktlinien (Geräte für den Hobby- und den Profibereich). Profigeräte sind zwar teurer aber um gut 1 kg leichter und der Auspuff bläst einem nicht ins Gesicht, sondern geht nach unten weg. Es wurde außerdem empfohlen fertige Gerätebenzinmixe zu verwenden anstatt den Treibstoff selber zu mischen, weil die Fertigprodukte weniger stinkende Abgase produzieren. Akkukettensägen haben sie auch ausprobiert, aber man war damit nicht so zufrieden, obwohl sie vom Gewicht her leichter wären. Erstens benötigt man mehrere Akku-Packs, damit man einen ganzen Arbeitstag hindurch schneiden kann und zweitens werden die Akku-Packs üblicherweise wie ein Rucksack getragen. Man bleibt damit sehr leicht hängen, wenn man unter den Kordondrähten hin- und herschlüpfen muss.
Grundlegende Überlegungen vor dem Schnitt
Bevor man den ersten Schnitt setzt, sollte man sich überlegen: "Welcher Trieb (bzw. Triebe) soll in Zukunft die Verlängerung des Stockes werden und wie wird dieser Trieb versorgt?“. Man verfolgt quasi die Leitungsbahnen zurück zu ihrem Ursprung. Extrem wichtig ist, dass man diese dann später beim Einsatz der Motorsäge nicht durchtrennt. Dementsprechend viel Zeit wurde beim Seminar dafür verwendet, dies ausführlich zu erklären. In weiterer Folge sucht man die Problemstellen (große ehemalige Schnittwunden), wo man vermutet, dass der Pilz dort eingedrungen ist. Erst als letzten Schritt überlegt man sich, wo man die ersten Schnitte setzt. Zur besseren Verdeutlichung wurde beim Seminar mit farbigen Kreiden gearbeitet.
Praktische Durchführung
Grundsätzlich wird nicht jeder Stock dem großen Aufwand der Rebchirurgie unterzogen, sondern es werden nur symptomtragende Stöcke behandelt. Daher ist es wichtig, dass man die Escastöcke im Sommer markiert. Man beginnt an den großen Problemstellen am Kopf, macht dort "Probeschnitte“ und folgt dem Verlauf der kranken Rebteile. Schritt für Schritt wird mit der Motorsäge das ganze kranke Material herausgefräst, ohne dabei gesunde Leitungsbahnen zu durchtrennen. Man versucht immer nur längs der Faser, aber nie quer zur Faser zu schneiden. Am Ende der "Operation“ werden die Stöcke nicht mit einem Wundverschlussmittel versiegelt. Ziel ist, dass der Stock dadurch besser austrocknen kann. Abschließend wird der Stecken wieder zur Rebe gesteckt und die Rebe wieder daran angebunden. Je nach Intensität der Operation kann es Sinn machen, im Jahr danach oder länger keinen Vollernter auf behandelten Flächen einzusetzen, damit der Stock nicht bricht.
Beispiel 1:
Alter Stock mit relativ viel Chirurgiebedarf (siehe Abb. 7 bis 9, davor – mittendrin - danach).
Beispiel 2:
Ca. 10 Jahre alter Rebstock mit relativ wenig Chirurgiebedarf (siehe Abb. 10). Dieser Stock wurde die ersten 5 - 6 Jahre klassisch geschnitten. Erst danach wurde der wundarme Rebschnitt der breiten Öffentlichkeit bekannt und die Rebanlage auf dieses neue System umgestellt.
Zahlen / Fakten / Auswertung
Die Versuche rund um die Rebchirurgie werden auch wissenschaftlich begleitet. Es gibt eine italienisch-deutsch-österreichische Zusammenarbeit in Form eines Projektes. Die Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg ist daran beteiligt. Die Projektteilnehmer planen zu diesem Thema auch einen gemeinsamen Fachartikel, der demnächst in der Zeitschrift "Der Winzer“ erscheinen soll.
Fazit
• Die Rebchirurgie ist relativ neu und es gibt noch keine Langzeiterfahrung (die Versuche des Südtiroler Beratungsringes laufen erst seit 2017).
• Aus derzeitiger Sicht ist es eine wirksame Möglichkeit der Verlängerung der Stocknutzungsdauer
• Die Rebchirurgie ist nicht ungefährlich für den Anwender!
• Kein Allheilmittel - Die Rebchirurgie macht wenig Sinn, wenn nicht parallel dazu auch auf den wundarmen Rebschnitt umgestellt wird. Ansonsten hat man innerhalb weniger Jahre wieder die gleichen Probleme wie zuvor.
• Bei den derzeitigen Traubenpreisen ist die Rebchirurgie sicher nicht für jeden Weingarten wirtschaftlich, sondern eher nur etwas für hochwertige, erhaltenswerte Anlagen. Zum Vergleich: In Südtirol kosten Premiumtrauben derzeit 5 - 9 Euro pro Kilogramm. Dort hat sich der Aufwand in einem Jahr locker gerechnet.
• Wer sich ernsthaft für das Thema interessiert, sollte einen Kurs besuchen. Ansonsten kann die Erfolgsquote rasch auf 60% oder darunter sinken und man ist unzufrieden.
• Aus derzeitiger Sicht ist es eine wirksame Möglichkeit der Verlängerung der Stocknutzungsdauer
• Die Rebchirurgie ist nicht ungefährlich für den Anwender!
• Kein Allheilmittel - Die Rebchirurgie macht wenig Sinn, wenn nicht parallel dazu auch auf den wundarmen Rebschnitt umgestellt wird. Ansonsten hat man innerhalb weniger Jahre wieder die gleichen Probleme wie zuvor.
• Bei den derzeitigen Traubenpreisen ist die Rebchirurgie sicher nicht für jeden Weingarten wirtschaftlich, sondern eher nur etwas für hochwertige, erhaltenswerte Anlagen. Zum Vergleich: In Südtirol kosten Premiumtrauben derzeit 5 - 9 Euro pro Kilogramm. Dort hat sich der Aufwand in einem Jahr locker gerechnet.
• Wer sich ernsthaft für das Thema interessiert, sollte einen Kurs besuchen. Ansonsten kann die Erfolgsquote rasch auf 60% oder darunter sinken und man ist unzufrieden.