Getriebevarianten im Test: Mit dem richtigen Getriebe auf freier Fahrt
Das Getriebe: Komplex und teuer
Die Komplexität im Getriebebau nimmt stetig zu. Dieser Maschinenteil bedarf hoher Ingenieurskunst, was sich auch in den Kosten wiederspiegelt. So übertreffen die anteiligen Anschaffungskosten des Antriebsstranges im Vergleich oftmals jene des Dieselmotors. Entsprechend teuer können auch die Reparaturkosten ausfallen.
Aufgaben des Getriebes
Ein Dieselmotor arbeitet lediglich in einem schmalen Drehzahlband und Lastzustand effektiv, hier erreicht er also einen Wirkungsgrad um die 40 Prozent. Um den Dieselmotor entsprechend des vielfältigen Einsatzgebietes (Fahrgeschwindigkeit, Bodenbeschaffenheit, Geländekupierung, sauberes Arbeitsergebnis) zu betreiben, ist ein fein abgestuftes Getriebe vonnöten. Das Getriebe ist also ein Drehmoment-/Drehzahlwandler, die Leistung des Dieselmotors wird im Antriebsstrang bei niedrigen Gängen (kurze Übersetzungen) mit hohen Drehmomenten und geringen Drehzahlen der Getriebewellen übertragen oder umgekehrt bei hohen Gängen.
Ein Beispiel
Dieser Dieselmotor bringt bei 2.100 U/min seine max. Leistung. Hier ist allerdings auch der spez. Kraftstoffverbrauch am höchsten, da durch die innere Reibung des Motors schon vergleichsweise höhere Verluste entstehen. Der geringste Kraftstoffverbrauch und auch das höchste Drehmoment liegen um die 1.500 - 1.600 Motorumdrehungen. Dies ist auch der Grund warum in diesem Drehzahlbereich die Sparzapfwellen (540E, 1000E) angesiedelt sind.
Historische Entwicklung
Der übliche Stand der Technik in den 70-er Jahren war ein Antriebsstrang der Reihe nach mit einem Verteilergetriebe mit den Wahlmöglichkeiten Vorwärts-schnell / Vorwärts-langsam / Retour, weiters ein synchronisiertes Vierganggetriebe mit nachgeschaltetem Gruppengetriebe mit dem Straßen- und Ackergang. Somit bietet diese Getriebe 16 Vorwärts- (2 x 4 x 2) und acht Retourgänge. In einer technischen Beschreibung wird dieses Getriebe mit 16/8 ausgewiesen.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Wir wünschen uns Bauartgeschwindigkeiten von 40 km/h und mehr, dies idealerweise bei reduzierter Motordrehzahl. Traktoren für Spezialkulturen, den Gemüsebau oder für das Umsetzen von Kompostmieten benötigen kurz übersetzte Kriechganggetriebe, das heißt die Gängezahl muss entsprechend erhöht werden.
Größere Drehmomente - weniger Geräusche
Heute werden im Getriebebau fast ausschließlich schrägverzahnte Evolventenzahnräder verbaut. Die gegenüberliegenden Zähnepaare kommen dabei allmählich in den Eingriff und können größere Drehmomente bei geringerer Geräuschentwicklung übertragen.
Synchronisierung erleichtert das Schalten
Die Zahnräder befinden sich im ständigen Eingriff, zum Wechsel des Ganges wird eine Schaltmuffe mittels einer Schaltgabel verschoben. Die beiden Gänge sind synchronisiert, das heißt beim Gangwechsel wird durch Reibung des Synchronringes ein Gleichlauf zwischen dem Zahnrad und dem Muffenträger hergestellt.
Die Besonderheiten des Lastschaltgetriebes
Das Lastschaltgetriebe erlaubt eine Änderung der Getriebeuntersetzung elektrohydraulisch per Knopfdruck und dies unter Last. Der Schaltvorgang wird dabei bei Öldrücken um die 30 bar via Muffen (im Bild rechts) und zentraler Wellenbohrungen realisiert. Es tritt kaum eine Zugkraftunterbrechung beim Schaltvorgang auf, was beim Zurückschalten am Berg oder bei der schweren Bodenbearbeitung wichtig ist. So geht die Fahrgeschwindigkeit nicht nennenswert verloren. Das Bild zeigt die Realisierung einer zweistufigen Lastschaltung mittels einer Doppel-Lamellenkupplung und Vorgelegewelle.
Lamellenkupplung auf dem Vormarsch
Auch die Hauptkupplung wird zunehmend als Lamellenkupplung ausgeführt. Bei einer Wendeschaltung am Lenkstock (Power-Reversierer) werden die Vorwärts- und die Rückwärtskupplung als nasse Lamellenkupplungen ausgeführt. Gerade beim Arbeiten mit dem Frontlader ist dies heute willkommener Standard, da das oftmalige und lästige Kuppeln entfällt.
Vorteilhafte Getriebeabstufung
Die hohe Gängezahl alleine bewirkt nicht unbedingt eine praktikable Auslegung des Getriebes. Vor allem gilt es die nutzbaren Übersetzungen mit ihren Endgeschwindigkeiten im Hauptarbeitsbereich von 4 - 12 km/h genauer unter die Lupe zu nehmen.
Getriebe 16/16: 4-Gang-Synschrongetriebe, Straßen- und Ackergruppe, 2 Lastschaltstufen H und L
Im Prinzip bietet dieses Getriebe acht Übersetzungen im Hauptarbeitsbereich. Allerdings ist es unter schwerer Last nicht möglich zwischen der Straßen- und Ackergruppe zu wechseln, es stehen also nur vier Übersetzungen in der Straßengruppe für die Feldarbeit zur Verfügung. Während der Stufensprung zwischen H und L mit 20 Prozent (= 8,28/6,90) in Ordnung ist, ist der Sprung zwischen 2L und 1H beim Runterschalten viel zu groß und zudem ohne Überlappung. Die Elastizität des Dieselmotors gerät beim Raufschalten hier an seine Grenzen. Einzig positiv ist hervorzuheben, dass der erste schnelle Straßengang (1H) unter 10 km/h liegt und somit das zügige Beschleunigen im nicht allzu schweren Transport möglich ist.
Getriebe 24/24: 4-Gang-Synschrongetriebe, 6 Lastschaltstufen (A-F)
Wegen der feinen Abstufung bietet das Getriebe acht Übersetzungen im Hauptarbeitsbereich von vier bis zwölf km/h. Die Wahl des passenden Ganges ist somit kein Problem. Der Dieselmotor muss beim Gangwechsel nicht voll ausgedreht werden, da eine große Überlappung zwischen den Gängen gegeben ist.
Wirkungsgrad und optimales Einsatzgebiet
Die Verluste im Antriebsstrang entstehen durch Reibung zwischen den Zahnradpaaren (hauptsächlich durch die unter Last stehenden, aber auch durch die sich mitdrehenden), in den Lagerstellen bei den Wälz- und Gleitlagern, durch Planschverluste und durch die Schleppmomente auch geöffneter Lamellenkupplungen. Je aufwendiger ein Getriebe gebaut ist, umso mehr Funktionalität bietet es, aber auch die Verluste steigen. Lässt sich unter homogenen Verhältnissen in der Bodenbearbeitung bei einem einfach aufgebauten Getriebe immer die richtige Übersetzung finden, so wäre dies der effektivste Antriebsstrang.
Was das Stufenlosgetriebe alles kann
Die Bedienpersonen schätzen die nach Eingewöhnung einfachere Handhabung, den gesteigerten Fahrkomfort und die erhöhte Fahrsicherheit.
Bezüglich letzterem ist abzuklären, ob das Getriebe über eine echte aktive Stillstandsregelung verfügt.
Vor- und Nachteile des Stufenlostraktors je nach Arbeitseinsatz
Bei einem stufenlosen Getriebe kommen hydrostatische Bauteile hinzu (Hydropumpen und Hydromotoren) die den Wirkungsgrad an und für sich einmal stark verschlechtern. Dieser Nachteil kann durch das Auffinden der exakt passenden Übersetzung (im Automatikmodus über das Motor-Getriebe-Management) und durch das ruckfreie Beschleunigen wieder wettgemacht werden.
- stufenlos - pro: großer Ackerschlepper für die schwere Bodenbearbeitung unter stark wechselnden Bedingungen, schwere Zapfwellenarbeiten unter stark wechselnden Bedingungen, schwere Transportarbeiten mit vielen Beschleunigungsphasen im kupierten Gelände
- stufenlos - vielleicht: Bearbeitung homogener Flächen. In diesen Fällen kommt ein Getriebe mit vier und mehr Lastschaltstufen (ev. mit Schaltautomatik und Speedmatching) und elastischem Konstantleistungsmotor an die Vorzüge des Stufenlostraktors heran.
- stufenlos - nein: bei einem Hof- und Pflegetraktor mit geringer bis mittlerer Auslastung
Tipps für Wirtschaftlichkeit und lange Lebensdauer
- Die Synchronringe sind hochbelastete Teile, sie haben beim Schaltvorgang das Zahnrad zu beschleunigen oder zu verzögern. Für eine schonende Synchronisation ist nicht zu schnell und mit mäßigem Kraftaufwand zu schalten.
- Die Getriebesprünge sind mit 15 - 20 Prozent ausgelegt. Die Gänge der H- oder Doppel-H-Schaltung sind beim Rauf- und vor allem aber beim Runterschalten der Reihe nach durchzuschalten. Hier darf man nicht schaltfaul sein.
- Das Anfahren des Gespannes bedarf eines großen Losreißmoments. Es ist also mit einem niedrigen Gang anzufahren, natürlich auch der Fahrkupplung wegen.
- Lang übersetzte, höhere Gänge sind der Motorleistung entsprechend frühzeitig zu nutzen. Auch Overdrivegänge sind für die Transportarbeit tunlichst zu verwenden, hierbei werden ganze Gruppengetriebe übergangen (overdrive), das heißt die Anzahl der mitdrehenden Zahnradpaare wird geringer.