Biodiversität am Acker - Teil 2b: Ackerbiodiversitätsflächen mit regionalen Ackersaatmischungen (DIVRS) – die Bedeutung für die Landwirtschaft und für die Gesellschaft sowie die zweijährigen Pflanzenarten
Regionale Wildblumen
Die Förderung der genetischen Vielfalt hat große Bedeutung für viele Tierarten. Die Bestäuberförderung (z.B. Wildbienen, Schmetterlinge, Fliegen) ist auch für die Landwirtschaft von großer Bedeutung.
Dass viele Vogelarten aus unserer Landschaft nahezu verschwunden sind, hängt direkt mit der Knappheit an Lebensraum und Nahrung zusammen (BirdLife). Nicht nur Insekten stellen ein wichtiges Nahrungsangebot für Vögel dar, auch die Samen von Pflanzen liefern wertvolle Energie.
Ein großer Genpool schafft zusätzlich Potenzial für Anpassung, v.a. an klimatische Veränderungen. Schließlich sind unsere Kulturpflanzen durch Züchtung aus Wildpflanzen hervorgegangen. Von den bisher bekannten Pflanzenarten hat der Mensch nur etwa 150 in größerem Maßstab für die Nahrungsversorgung kultiviert. Inzwischen basieren 90 % der menschlichen Nahrung weltweit auf ungefähr 15 Pflanzenarten und 8 Tierarten.
Die zweijährigen Pflanzenarten
Zweijährige, aber auch überjährige und viele ausdauernde Pflanzen bilden im ersten Jahr bzw. im Herbst bodennah anliegende Blattrosetten aus. Bei einer Blattrosette entwickeln sich zwar die Blätter am Trieb, die dazwischen liegenden Internodien (Zwischenknotenstücke des Triebes) strecken sich jedoch nicht.
Im zweiten Jahr erscheinen die Blüten. Die Blühinduktion und damit das Streckungswachstum und die anschließende Blüte wird je nach Pflanzenart durch unterschiedliche Bedingungen ausgelöst, zum Beispiel längere Kälteeinwirkung und/oder die Zunahme der Tageslänge. Das Pflanzenhormon Gibberellin löst das sogenannte "Schießen" zweijähriger Rosettenpflanzen aus.
Interessant ist, dass die Blätter der Rosette oft anders aussehen als die Laubblätter am gestreckten Trieb.
Folgende zweijährige Arten sind Bestandteil der regionalen Biodiversitätsmischung ReNatura BD2.
Als Urform der Karotte ist die helle Wurzel sowie das Laub im ersten Jahr als Wildgemüse nutzbar. In Palatschinken-Teig gebratene Blütenstände ergeben ein sommerliches Gericht. Roh sind sie für Pesto oder als Garnitur geeignet. Die grünen (unreifen) Samen enthalten ätherische Öle, die ein sehr würziges zitrus-artiges Aroma in Aufstriche und ins Gewürz-Salz zaubern.
Die aromatisch duftende Pflanze gedeiht auf nährstoffreichen kalkhaltigen Böden. Sie gilt als Lehmzeiger. Die alte Heil- und Gemüsepflanze war als Wurzelgemüse bis zum 18. Jahrhundert ein wichtiges Nahrungsmittel und wurde durch den Karotten- und Kartoffelanbau verdrängt. Mittlerweile ist Pastinak wieder auf unseren Tellern zu finden.
Der Schmetterlingsblütler (Leguminose) bevorzugt magere Böden und sonnige Standorte.
Die blühenden Triebe enthalten Flavonoide, Saponine, Cumarine (charakteristischer Geruch beim Trocknen nach Heu und Waldmeister), Schleimstoffe, Glycoside und pflanzliche Säuren. Durch seine blutgerinnungshemmende Wirkung kommt Steinklee in der Volksmedizin zur Stärkung der Blutgefäße, gegen Hämorrhoiden sowie zur Verbesserung des Blut- und Lymphflusses zum Einsatz. Auf die Psyche wirkt er beruhigend – zum Beispiel getrocknet in einem Duftkissen oder im Kräuterbad.
Getrocknete Blüten bessern Speisen (z.B. Streichkäse) auf und können als Fischgewürz sowie Puddinggewürz zum Einsatz kommen.
Zur Mottenabwehr werden getrocknete Büschel in den Kleiderschrank gehängt.
Königskerzen sind ökologisch wertvolle Bestandteile von Ackerbrachen mit Blüte ab dem 2. Jahr der Stilllegung. Sie ist schutzwürdig, da sie in der modernen Kulturlandschaft mangels geeigneter Standorte selten geworden ist. Morgens öffnet die Königskerze von Juli bis September ihre Blüten, die von Wildbienen besucht werden.
Eine Pflanze kann 700.000 staubfeine Samen hervorbringen, die direkt bei der Mutterpflanze zu Boden fallen und im Boden Jahrtausende überdauern können. Königskerzen-Samen keimen nur bei vollem Licht.
Die Verwendungen von Königskerzen sind zahlreich überliefert.
Heilkundige Literatur zu dieser Pflanze gibt es seit dem Mittelalter rund um Hildegard von Bingen. Die Blüten enthalten Schleimstoffe, die reizlindernd auf entzündete Schleimhäute wirken und bei Reizhusten oder Entzündungen im Hals wohltuend zum Einsatz kommen (Kaltauszug). Ebenfalls enthalten sind Saponine, die in Form von heißem Tee bei verschleimtem Husten sekret-lösend und auswurffördernd verwendet werden. Flavonoide sowie Vitamin B und D unterstützen die Gesundheit. Neben Wasserauszügen sind auch alkoholische und fette Auszüge in Verwendung.
Früher wurden die Blütenstände der Königskerze mit Pech oder Wachs überzogen und dienten als Fackeln. Im Kräuterbuschen, der zu Johanni (Sommersonnenwende) oder am 15. August gebunden und geweiht wird, bildet die Königskerze die Mitte. Bei aufziehendem Gewitter räucherte man die „Wetterkerze“ vom Kräuterbuschen.
Verwendete Literatur:
Was blüht denn da? Kosmos Naturführer
Ackerunkräuter, Wolfgang Holzner und Johann Glauninger
Kronenzeitung – Hing’schaut und g‘sund g’lebt
https://www.wildbiene.org/pflanzenarten/gewoehnlicher-natternkopf