Aufgabe der inneren Biosicherheit ist es, Ansteckungen und das Verschleppen von Erregern im eigenen Betrieb zu verhindern, egal, ob man Tiere zukauft oder nicht. Was dabei rund um die Geburt und die Abkalbebox zu beachten ist, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Biosicherheit innerhalb und außerhalb des Betriebs beachten
Durch schlaue und gezielte Maßnahmen, wie zum Beispiel Gesundheitschecks vor Zukauf oder Hygienemaßnahmen beim Viehtransport, kann man die äußere Biosicherheit am eigenen Betrieb erhöhen. Dass auch und vor allem innerhalb des eigenen Betriebes Ansteckungen und Erregerverschleppungen verhindert werden, das sind die Aufgaben der "inneren Biosicherheit. Diese Maßnahmen sind auch für jene Betriebe wichtig, die sich in Sicherheit wähnen, weil z.B. kein Vieh zugekauft oder ausgelagert wird. Trotzdem geht es in diesem Beitrag um den Neuzugang im Betrieb.
Die Abkalbebox
Ein gutes Milchkuhleben startet in der Abkalbebox. Ein ruhiger, gut einsehbarer und sauber eingestreuter Platz, um ein Leben zu beginnen, und in eine neue Laktation zu starten. Leider kann es hier aber auch zu Fehlstarts kommen. Die Doppelnutzung als Krankenbox, zu wenig Kapazität, um nach einer Abkalbung die Box wieder zu säubern oder auch unsaubere Geburtshilfe können den sehr anfälligen Frischabkalbern und Kälbern zum Verhängnis werden. Doch welche Grundsätze gilt es in dieser kritischen Phase im Leben einer Kuh zu beachten?
Abkalbebox nicht als Krankenbox nutzen
Obwohl es Sinn ergibt, erkrankten Tieren den Komfort einer ordentlich geführten Tiefstreubox zur Erholung zu gönnen, sollte dies nicht die Abkalbebox sein. Dort werden mit Frischabkalbern und neugeborenen Kälbern zwei Tiergruppen gehalten, die oft am anfälligsten für Krankheiten sind.
Wenn am Hof der Platz für Kranken- und Abkalbebox nicht ausreicht und die Abkalbebox im Notfall als Krankenbox genutzt wurde, ist diese komplett auszumisten und zu desinfizieren, ehe man sie wieder als Abkalbebox nutzt. Erkrankte Tiere scheiden in der Regel krankmachende Keime oder Viren aus. Diese vermehren sich und sind - abhängig vom Erreger - auch noch infektiös, wenn die erkrankte Kuh die Box bereits verlassen hat. Ordentliches Reinigen und Desinfizieren ist unumgänglich.
Aber auch dann ist eine dauerhafte Doppelnutzung nicht praktikabel. Jedoch ist es besser, eine durch Coli-Mastitis festliegende Kuh in der einzigen Strohbox am Betrieb unterzubringen, als ihr den Laufstall zuzumuten.
Nach einer Abkalbung Nachgeburt entfernen und ausmisten
Nicht jede regulär nur zur Geburt in die Abkalbebox verbrachte Kuh ist mit Sicherheit gesund. Vor allem die Nachgeburt kann eine Infektionsquelle sein. Deshalb ist nach jeder Geburt die Nachgeburt zu entfernen, sofern sie noch im Stroh zu finden ist. Bei Boxen mit Spalten oder Schieberentmistung im Fressbereich kann die Nachgeburt auch so "verloren gehen".
Es kann auch vorkommen, dass Kühe, ihrem natürlichen Instinkt folgend, diese fressen wollen. Das ist nicht zu empfehlen. Idealerweise sollte man nach jeder Geburt die Box ausmisten und in regelmäßigen Abständen vollständig reinigen, um den Keimdruck gering zu halten.
Was tun, wenn komplettes Ausmisten nicht möglich ist?
In vielen Betrieben ist es nicht praktikabel, die Box komplett auszumisten und anschließend zu desinfizieren, zum Beispiel bei Gruppenabkalbeboxen. Trotzdem muss kontaminierte Einstreu mit der Nachgeburt entfernt und großzügig nachgestreut werden. Eine trockene und hygienische Oberfläche aus dicker Einstreu minimiert das Verunreinigungsrisiko aber nur kurzfristig, denn auch auf frischer Einstreu können sich unerwünschte Keime mit etwas Feuchtigkeit schnell vermehren. Im laufenden Betrieb sollte man deshalb das Nachstreuen nicht vernachlässigen.
Überbelegung vermeiden und vor erneutem Belegen einmal leerstehen lassen
Nachträglich errichtete Abkalbeboxen fallen je nach Lage oftmals etwas kleiner aus. Empfohlen sind zehn bis 15 Quadratmeter pro Kuh. Dies wird vor allem dann zum Problem, wenn es sich um Gruppenboxen handelt und die Erfahrung mit Strohboxen fehlt. Überbelegung erhöht den Anfall von Kot und Harn. Die Box ist schwerer reinzuhalten und die saubere sowie trockene Liegefläche verringert sich. Feuchtigkeit und Keimdruck steigen und somit das Infektionsrisiko.
Die Kuhanzahl in der Box sollte mit der Boxengröße zusammenpassen, um wirklich alle Vorteile einer Abkalbebox bieten zu können. Steht eine Abkalbebox vorübergehend leer, bietet das eine Gelegenheit, diese ganz auszumisten und zu reinigen. Je länger eine Tiefstreubox durchgehend belegt ist, desto mehr Mist und Keime können sich ansammeln. Regelmäßiges Reinigen und Desinfizieren helfen dabei, ein unerwünschtes Anhäufen von Erregern zu unterbinden.
Tränken reinigen und warten
Eine Tränke muss in der Abkalbebox vorhanden sein. Vor allem, wenn dort - wie in manchen Betrieben üblich - gleichzeitig die trockenstehenden Kühe gehalten werden. Ideal ist eine Trogtränke. Wenn sich diese Tränke am Ende einer Stichleitung befindet und eine Zeit lang wenig bis kein Wasser abgenommen wurde, ist das Tränkebecken zu säubern und die Leitung durchzuspülen, indem man das Wasser eine Weile laufen lässt.
Vorbeugend kann man Stichleitungen sperren, abdrehen und entleeren, wenn sie nicht verwendet werden. In unbewegtem Wasser gedeihen Bakterien auch mit minimaler Nahrungsgrundlage.
Behutsame und saubere Geburtshilfe
Geburtshilfeutensilien sind nach jedem Gebrauch mit Wasser und Seife zu reinigen sowie sauber aufzubewahren. In der Praxis hat es sich als vorteilhaft erwiesen, in unmittelbarer Nähe zur Abkalbebox eine kleine Aufbewahrungsmöglichkeit für alle benötigten Hilfsmittel rund um die Geburt zu installieren, wie zum Beispiel einen an der Wand montierten, verschließbaren Kasten. Man findet so Thermometer, Handschuhe und Kälberstricke leichter und die Utensilien bleiben sauber.
Vor Geburtshilfe Hände waschen und Handschuhe tragen
Auch auf vermeintlich sauberen Händen befinden sich Bakterien und Krankheitserreger. Deshalb sollte man Handschuhe tragen. Damit minimiert man das Risiko Kuh und Kalb unnötig Keimen auszusetzen. Handschuhe dienen hier, ähnlich wie beim Melken, auch zum Selbstschutz. Es können bei der Geburt Krankheitserreger übertragen werden. Über bloße Hände mit noch abheilenden offenen Wunden ist das Infektionsrisiko noch größer.
Sauber arbeiten beim Kolostrum melken
Da das Kolostrum innerhalb von wenigen Stunden nach der Geburt verabreicht werden soll, ist es in vielen Betrieben bereits Usus, die Kuh noch in der Abkalbebox zu melken. Dafür werden gerne mobile Melkeinheiten verwendet, die mit Lichtstrom betrieben werden können. Gelegentlich sind nach Stallumbauten und -erweiterungen auch noch Vakuumleitungen mit Standeimer in Betrieb. In einigen Betrieben wird zumindest die erste Ration Kolostrum händisch ermolken, um das Kalb innerhalb der ersten vier Lebensstunden mit mindestens vier Litern Biestmilch zu versorgen.
Was passiert bei längeren Wartezeiten?
Bei längeren Wartezeiten bis zum ersten Melken verdünnt sich die Konzentration an Immunglobulinen, weil die Milchmenge im Euter steigt. Außerdem wird der Darm des Kalbes zunehmend undurchlässig für Immunglobuline.
Kolostrum besonders schonend pasteurisieren
Geschwindigkeit alleine ist allerdings nicht der entscheidende Faktor. Auch die Sauberkeit des Kolostrums spielt eine Rolle. Unabhängig von der Melkmethode muss man beim Gewinnen von Biestmilch sauber arbeiten. Mittlerweile gibt es technische Lösungen zum besonders schonenden Pasteurisieren von Kolostrum, um die Immunglobuline und Proteine nicht durch hohe Temperaturen zu schädigen. Aber eine möglichst sauber gewonnene Biestmilch sollte bei guter Praxis ausreichen, um Kälber gut zu versorgen. Wird die Biestmilch nicht umgehend verfüttert, sollte sie rasch kühl gelagert werden.
Von der Abkalbebox zur Eigenständigkeit
In der Abkalbebox trennen sich die Wege von Kuh und Kalb für gewöhnlich. Während das Muttertier in seine Herde eingegliedert wird und wieder täglich den Melkstand frequentiert, findet sich das Kalb in vielen Betrieben in den ersten Lebenswochen im Kälberiglu wieder. Am Anfang noch geschützt durch optimale Kolostrumversorgung, muss das Kalb nun langsam seine Eigenständigkeit aufbauen.
Serie "Checkliste Biosicherheit am Milchviehbetrieb" in fünf Teilen
Biosicherheit am Rinderbetrieb wird zunehmend Teil der guten Praxis: Eine Herde aktiv gesund zu erhalten, heißt nichts anderes, als zu vermeiden, dass sich unerwünschte Krankheitserreger am Betrieb etablieren und verbreiten. Und vorbeugen ist zumeist günstiger als heilen. Doch Milchviehbetriebe biosicher zu gestalten, ist oft sehr herausfordernd, weil
meist verschiedene Tiergruppen zur gleichen Zeit gehalten werden,
regelmäßig Vieh verkauft oder transportiert wird und
moderne Ställe zunehmend sehr offen gestaltet sind.
Milchviehbetriebe lassen sich nicht einfach nach außen abriegeln und stehen, je nach Betriebsausrichtung und Tierkategorie, vor ganz unterschiedlichen Anforderungen. Trotzdem liegt es in der Verantwortung der Tierhalter vorzubeugen sowie im und um den Betrieb Maßnahmen zu setzen, die helfen, die Milchviehherde gesund zu erhalten. Da sich der Milchviehbetrieb nicht mit "Tor-zu"-Methoden einfach abriegeln lässt und Stallreinigung und Stalldesinfektion am ganzen Betrieb in der Praxis schwer durchführbar sind, macht es Sinn, Biosicherheitsmaßnahmen je nach Situation und Tierkategorie umzusetzen.
Die fünfteilige Serie "Checkliste Biosicherheit am Milchviehbetrieb" beleuchtet deshalb einige wichtige, kritische Zonen und Zeitpunkte am Hof und zeigt dazu passende Biosicherheitsmaßnahmen auf.
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