15.10.2019 |
von DI Christian Krumphuber
War früher alles besser?
![[jpegs.php?filename=%2Fvar%2Fwww%2Fmedia%2Fimage%2F2019.10.15%2F1571127891391255.jpg]](https://cdn.lko.at/lko3/mmedia/image/2019.10.15/1571127891391255.jpg?m=MzYzLDIxOA%3D%3D&_=1571127894)
Früher war alles besser – war früher alles besser?
In vielen Diskussionen rund um Landwirtschaft und Ernährung wird die Meinung vertreten, dass früher alles besser gewesen wäre. Die Lebensmittel waren gesünder, die Umwelt war noch unversehrt – kurzum: die Menschen waren glücklich in einer Welt, die noch "in Ordnung" war. Generell wird die "gute alte Zeit" ein wenig verklärt. Immerhin hat es unsere Wohlstandsgesellschaft ermöglicht, dass die Menschen heute sehr viel älter werden und viele Jahre in Wohlstand und Gesundheit leben können. Die wesentlichen Beiträge dazu haben wohl die Fortschritte in der Medizin, Hygiene und in der Lebensmittelsicherheit (sowohl mengen- als auch qualitätsmäßig) geleistet.
Ernten waren knapp – Hunger ein Dauerbegleiter:
In einer Welt der vollen Regale ist das Thema Mangel völlig aus dem Bewusstsein der Bürger gerückt. Blickt man etwa 100 Jahre zurück – in die letzten Jahre der Monarchie – kann man sich eine Vorstellung davon machen, wie die Versorgungslage damals ausgesehen hat oder haben könnte. (Zeitzeugen gibt es ja keine mehr). Die damalige Verwaltung hat erstaunlich detaillierte Statistiken über Anbau und Ernte im Gebiet der Habsburgermonarchie geführt.
Tabelle 1: Anbau auf dem Ackerland in Oberösterreich im Jahr 1913; Flächen und Erträge der wichtigsten Ackerkulturen
Kultur | Hektar | Ertrag in Tonnen/ha | Gesamternte in Tonnen |
Weizen | 54.400 | 1,4 | 77.000 |
Roggen | 84.900 | 1,4 | 119.000 |
Gerste | 37.900 | 1,2 | 46.500 |
Hafer | 88.000 | 1,45 | 127.000 |
Mengfrucht | 6.000 | 3,2 | 19.500 |
Mais | - | - | - |
Kartoffel | 31.800 | 12,7 | 400.000 |
Futterrübe | 7.900 | 27,7 | 221.000 |
Kraut | 1.950 | 18,8 | 36.600 |
Summe Ackerfläche | 420.000 |
![[jpegs.php?filename=%2Fvar%2Fwww%2Fmedia%2Fimage%2F2019.10.15%2F1571127895562782.jpg]](https://cdn.lko.at/lko3/mmedia/image/2019.10.15/1571127895562782.jpg?m=MjQyLDM2Mw%3D%3D&_=1571127900)
Folgende Fakten sind überraschend:
Die Ackerfläche unseres Bundeslandes (Oberösterreich) betrug damals beachtliche 420.000 ha – somit 130.000 ha mehr als heute. Roggen und Hafer waren die mit Abstand wichtigsten Getreidekulturen. Roggen war wohl das Brotgetreide der armen Leute und Hafer das Getreide der Pferde und Zugtiere. In diesem Zusammenhang darf man nicht vergessen, dass die Monarchie auch eine riesige Armee versorgen musste. Mais gab es in Oberösterreich damals nicht.
Getreidefläche doppelt – Ernte die Hälfte:
Mit 270.000 ha war die Getreidefläche im Jahr 1913 mehr als doppelt so groß wie die heutige (ca. 120.000 ha ohne Mais). Mit einer Getreideernte von insgesamt 370.000 t im Jahr 2013 wurde aber nicht einmal die Hälfte der heutigen Menge erzielt (etwa 800.000 t ohne Mais).
Eintönige Ernährung:
Eine gewisse Vorstellung hat man auch noch darüber, wie der Speisezettel – zumindest des Großteils der Bevölkerung – ausgesehen haben mag: Kartoffeln mit einer Anbaufläche von über 30.000 ha waren wohl ein Rückgrat der Ernährungssicherung. Kraut mit einer Fläche von knapp 2.000 ha (entspricht der aktuellen gesamten Gemüseanbaufläche unseres Bundeslandes) war wohl auch häufig auf dem Speiseplan zu finden. Die Wunschvorstellung mancher Ernährungsphilosophen nach einer weitgehend veganen Ernährung war damals – mangels Alternativen – weitgehend erfüllt.
Die gute alte Zeit relativiert sich, wenn man sich die Daten und Fakten von damals ansieht. Es war das Verdienst der Landwirtschaft, dass in die Ernährung Vielfalt eingekehrt ist und es das Thema Hunger und Mangel überhaupt nicht mehr gibt. Die Menschen des Jahres 1913 hätten wohl über manche aktuelle Diskussion zum Thema Landwirtschaft und Ernährung nur ungläubig den Kopf geschüttelt.
Die gute alte Zeit relativiert sich, wenn man sich die Daten und Fakten von damals ansieht. Es war das Verdienst der Landwirtschaft, dass in die Ernährung Vielfalt eingekehrt ist und es das Thema Hunger und Mangel überhaupt nicht mehr gibt. Die Menschen des Jahres 1913 hätten wohl über manche aktuelle Diskussion zum Thema Landwirtschaft und Ernährung nur ungläubig den Kopf geschüttelt.
![[jpegs.php?filename=%2Fvar%2Fwww%2Fmedia%2Fimage%2F2019.10.15%2F1571127882351725.jpg]](https://cdn.lko.at/lko3/mmedia/image/2019.10.15/1571127882351725.jpg?m=MzYzLDI0Mw%3D%3D&_=1571127890)