Hohe Kraftfutterkosten in der Milchviehfütterung, was tun?

Dass die Preise für Getreide und Eiweißfuttermittel so hoch wie noch nie sind, täuscht nicht. Seit 2003 wird durch das Referat Fütterung der Preis für die wichtigsten Futtermittel festgehalten. Die Preise stammen aus der Notierung der oberösterreichischen Fruchtbörse, die im 14-Tages-Rythmus Preisbänder für den Agrarhandel bekannt gibt. Diese Notierungen werden in Euro je Tonne netto für den Getreidegroßhandel veröffentlicht. Daher geben diese Preise nicht jenes Niveau wider, das für den Landwirt beim Einkauf von beispielsweise Sojaextraktionsschrot zu zahlen ist. In dieser Notierung fehlen noch die Umsatzsteuer, Transport- und Logistikkosten, Handelsspanne etc. Für einen Vergleich der Futtermittel untereinander und für die Verfolgung aktueller Preisentwicklungen sind diese Preise aber aussagekräftig.
In Graphik 1 ist ersichtlich, dass die Preise für die wichtigsten Getreidearten bereits mehrere Höhenflüge hinter sich haben. Speziell 2007/2008 war ein erster massiver Preisanstieg zu verzeichnen, wo beispielsweise Gerste von 100 Euro pro Tonne auf beinahe 250 Euro anstieg. Auch 2013 war wieder eine Hochpreisphase zu sehen. Seit diesem Zeitpunkt pendelten sich die Getreidepreise auf einem höheren aber relativ konstanten Niveau um etwa 160 Euro pro Tonne im Großhandel ein. Seit August 2020 stiegen aber die Preise unaufhörlich auf das heutige Niveau an. Das trifft alle Rinderhalter stark, speziell wenn erhebliche Mengen an Kraftfutter zugekauft werden müssen. Eigenmischer konnten diese Preissteigerung besser verkraften, wenn ein Großteil der Körnerfrüchte aus eigener Produktion stammt.
Einen etwas anderen Verlauf zeigen die Preise für die gängigen Eiweißfuttermittel. Auch hier war 2007/2008 ein erster Preisanstieg zu sehen. Die Preise fielen aber nicht wie bei den Getreidearten wieder ab, sondern blieben über lange Jahre bis etwa 2012 auf einem relativ gleichmäßigen Niveau. Im Sommer 2012 kletterten die Preise plötzlich massiv nach oben und bewegten sich bis zum Sommer 2016 wieder langsam nach unten. Seit Sommer 2019 stiegen die Kosten für Eiweißfuttermittel aber extrem an, wobei gentechnisch unveränderter Sojaextraktionsschrot auf über 700 Euro pro Tonne netto im Großhandel anstieg. Dies bedeutet, dass der Preis für den Landwirt auf etwa 840 Euro pro Tonne kletterte. Die Preiskurven in den Graphiken sind auch oftmals unterbrochen, bedingt durch Phasen, in denen keine Notierung bekanntgegeben wurde.
Teures Eiweiß
Besonders die Eiweißfuttermittelpreise erlebten in den letzten Monaten einen extremen Preisauftrieb. Die Graphik zeigt auch, dass zwischen den Sojaschrotarten erhebliche Preisunterschiede bestehen. Gentechnikfreie Ware hatte stets ein höheres Preisniveau als gentechnisch veränderter Sojaschrot. Dieser Preisabstand betrug normalerweise 50 bis 100 Euro pro Tonne. Derzeit liegt die Preisdifferenz bei rund 200 Euro. Bei einem Preisvergleich zwischen gentechnisch veränderter und unveränderter Ware ist zu berücksichtigen, dass der Rohproteingehalt beider Schrotarten nicht ident ist. Eigentlich sollten beide Arten HP-Ware - also Sojaschrot mit 48 % Rohprotein - sein, gentechnikfreie Ware liegt aber im XP-Gehalt nur bei etwa 45 bis 46 %. Das heißt, bezogen auf das reine Rohprotein ist der Mehrpreis der GVO-freien Ware noch höher.
Welche Alternativen gibt es?
Die Frage nach Eiweißalternativen zum Sojaextraktionsschrot (SES) stellt sich in dieser Hochpreisphase noch dringlicher. Am heimischen Markt bieten sich Rapsextraktionsschrot (RES) und Rapskuchen (RK) sowie Trockenschlempe (DDGS, Actiprot) an. Zur Entscheidungsfindung über deren sinnvollen Einsatz kann in einer ersten Überlegung errechnet werden, was eine Einheit Rohprotein oder Energie je Futtermittel kostet.
In Graphik 3 sind die Kosten für 1.000 kg Rohprotein berechnet. Die Preise der Futtermittel wurden von den Preisnotierungen der OÖ. Fruchtbörse zuzüglich 20 % abgeleitet. Die Gehaltswerte an Rohprotein und Energie wurden der Futterwerttabelle aus Grub, Bayern, entnommen. Die Graphik zeigt, dass erwartungsgemäß Rohprotein aus gentechnikfreiem SES am teuersten ist (1.760 Euro). Die gleiche Menge Rohprotein aus GVO-Soja kostet 1.268 Euro. Dieser kann aber nur mehr in der Rindermast eingesetzt werden, bei Milchvieh ist er auf Grund der GVO-frei-Produktion nicht mehr erlaubt. Es bieten sich daher nur Rapsprodukte oder Trockenschlempe an. Diese liegen im Preis je Tonne Rohprotein praktisch gleichauf. Hier kann also nach Verfügbarkeit der Futtermittel in der eigenen Region eine Auswahl getroffen werden.
Die gleichen Überlegungen kann man auch bei den Energieträgern anstellen. Würde es Sinn machen, Getreidearten gegeneinander auszutauschen? Gerade für Hofmischer, die einen Teil des Getreides z.B. Körnermais zukaufen müssen, könnte sich diese Frage stellen.
Die gleichen Überlegungen kann man auch bei den Energieträgern anstellen. Würde es Sinn machen, Getreidearten gegeneinander auszutauschen? Gerade für Hofmischer, die einen Teil des Getreides z.B. Körnermais zukaufen müssen, könnte sich diese Frage stellen.
In Graphik 4 sind die Kosten für 1.000 MJ NEL dargestellt. Die Graphik zeigt, dass zwischen den einzelnen Getreidearten kaum Unterschiede je Energieeinheit bestehen. Körnermais ist derzeit geringfügig billiger als alle anderen Getreidearten, der Unterschied ist aber marginal. Es bringt daher wenig, hier größeren Aufwand für die Besorgung spezieller Getreidearten zu treiben. Hier zählt vor allem die Qualität (wenn möglich getrocknet und gereinigt) und die Freiheit von Mykotoxinen. Hofmischer haben hier den klaren Vorteil, großteils nicht von den Preisschwankungen am Getreidemarkt abhängig zu sein. Investitionen in eine ordnungsgemäße Lagermöglichkeit mit Reinigung und Belüftung machen auf lange Sicht gesehen absolut Sinn. Durch den überbetrieblichen Einsatz der Mischzüge (Mahl- und Mischgenossenschaften) können die Hofmischungen am kostengünstigsten vor Ort hergestellt werden.
Gesamte Ration beachten
Ein Vergleich der Kosten je Energie- oder Eiweißeinheit ist sinnvoll. Dennoch darf dabei auf die Auswirkungen der einzelnen Komponenten in der jeweiligen Ration nicht "vergessen" werden. Der Umstieg auf andere Eiweißfuttermittel bringt Änderungen in der gesamten Rationszusammensetzung mit sich. Die Futtermengen verschieben sich bei der Energie- und bei der Eiweißmischung. Darüber hinaus bringen beispielsweise Rapsprodukte viel Kalzium und besonders Phosphor in die Ration. Dadurch kann normalerweise die Mineralfuttermenge reduziert werden. Man muss also immer die gesamte Ration im Auge haben.
Wie stark sind also die Futterkosten heuer im Vergleich zum Vorjahr gestiegen?
Zum Vergleich wurden die durchschnittlichen Jahrespreise für Gerste, Sojaschrot etc. herangezogen. Die Rationskosten wurden nur mit den Kraftfutterkosten ohne Grundfutterkosten berechnet. Bei der Verfütterung von gentechnikfreiem Sojaschrot und Gerste lagen die Kosten pro Liter 2020 bei 4,7 Cent. Heuer liegen sie für die gleiche Ration mit 6,6 Cent um 1,9 Cent höher. Dies bedeutet für eine Milchkuh mit 8.000 kg Milchleistung eine Kostensteigerung von 159 Euro. Die gleiche Milchleistung könnte aber auch mit Rapsextraktionsschrot erzeugt werden. Dann wären die Kosten 2020 bei 3,7 Cent je Liter Milch gelegen und wären heuer auf 4,9 Cent, also um 1,2 Cent gestiegen. Das wären Mehrkosten von 96 Euro pro 8.000-Liter-Kuh. Dieses Beispiel zeigt, dass zwischen den einzelnen Rationen erhebliche Unterschiede bestehen. Eine generelle Aussage ist seriös nicht einfach zu treffen.
Grundfutterqualität ist entscheidend
Mit Kraftfutter können keine Wunder vollbracht werden. Der Schlüssel zu niedrigen Futterkosten liegt seit jeher in der Grundfutterqualität. Aktuelle Auswertungen aus dem Futtermittellabor Rosenau der LK Niederösterreich zeigen, dass heuer die Energiegehalte des 1. Schnittes wieder extrem weit streuen. Das kalte Frühjahr ließ nur für einen Teil der Flächen einen optimalen Silierzeitpunkt zu.
Besonders auffällig sind heuer die sehr niedrigen Rohproteingehalte und teilweise extrem hohen Zuckergehalte. Ähnliches zeigen auch die Folgeschnitte.
Diese Bilder zeigen eindrucksvoll, dass eine gezielte Kraftfuttergabe nur nach Analyse des Grundfutters möglich ist. Die Kosten der Futterprobenziehung und -analyse machen nur einen Bruchteil der Einsparungsmöglichkeiten nach einer gezielten Rationsberechnung aus. Mit dem Online-Milchviehrationsprogramm des RDV steht jedem Landwirt ein modernes Werkzeug für die Berechnung der richtigen Kraftfuttermengen für jedes Einzeltier, für Mischwägen und Voll-TMR zur Verfügung. Ein solches Werkzeug ist sonst in keinem europäischen Staat für Landwirte verfügbar. Der RDV bietet die Nutzung kostenlos an, hier wird von vielen ein Schatz nicht gehoben. Nutzen Sie auch die Möglichkeit der unabhängigen Fütterungsberatung durch die LK-Fütterungsberater.
Hohe Silagequalität zahlt sich aus
Der Hauptknackpunkt beim Thema Futterkosten ist nach wie vor das Grundfutter, hier im Besonderen die Qualität der Grassilage. Von Grassilagen mit hoher Qualität wird auch mehr gefressen. Berechnet man die notwendigen Kraftfuttermengen für 25 kg Milch bei verschiedenen Grassilagequalitäten in einer Ration mit einem Anteil von einem Drittel Maissilage ergibt sich je nach Qualität der Grassilage ein Kostenvorteil von 114 bzw. 228 Euro pro Kuh mit einer Durchschnittsleistung von 8.000 kg Milch. Umgelegt auf eine Jahresliefermenge von 200.000 kg Milch würden sich 2.860 bzw. 5.700 Euro mehr an Kraftfutterkosten bei schlechteren Grassilagequalitäten anfallen, durch den notwendigen Ausgleich mit höheren Kraftfuttermengen.

Besonders 2021 klaffen die Grassilagequalitäten weit auseinander. Es ist daher unbedingt anzuraten, die Schnitte getrennt zu analysieren und mit diesen Informationen die richtigen Kraftfuttermengen vorzulegen. Die Kosten der Analyse pro Schnitt (Nährstoffe 54 Euro, Mineralstoffe 43 Euro) werden durch die Kostenersparnis bereits bei einer einzigen Kuh mehr als ausgeglichen.
Einsatz von Futterharnstoff überlegen
Auch durch den gezielten Einsatz von Futterharnstoff kann teures Eiweißfutter eingespart werden. Dieser sollte in das Energiekraftfutter mit 1 bis 2 % eingemischt und homogen verteilt werden. Als Höchstmengen gelten etwa 100 g je Kuh und Tag. Der Einsatz ist aufzuzeichnen (z.B. Mischprotokoll des Mischzuges oder Aufzeichnungsblatt LK OÖ.), es darf kein Düngeharnstoff verwendet werden. Rechnerisch enthält 1 kg Harnstoff 2.915 g Protein in Form von reinem Stickstoff und kann daher 6,6 kg Sojaschrot 44 ersetzen. Wird GVO-freier Sojaschrot mit einem derzeitigen Preis von etwa 700 Euro pro Tonne ersetzt und Körnermais mit 300 Euro pro Tonne zum Energieausgleich verwendet, wäre die Preiswürdigkeit bis 3,30 Euro je kg Futterharnstoff gegeben. Durch die gestiegenen Energiepreise wurde auch Futterharnstoff in letzter Zeit empfindlich teurer, dennoch macht der Einsatz Sinn. Da Harnstoff keine Energie enthält, muss die Energie des ersetzten Eiweißfutters durch andere Energiekomponenten wie z.B. Körnermais ausgeglichen werden.
Fazit:
- Grundfutterqualität ist der Hauptknackpunkt
- Heimische Eiweißfuttermittel sind preiswürdig
- Kraftfutter gezielt geben, Altmelker nicht überversorgen
- Mischrationen im Energiegehalt absenken
- Milchharnstoffgehalt von 15 bis 20 ist ausreichend
- Selektionsdruck erhöhen
- Grundfutter untersuchen und Rationsberechnung durchführen