27.07.2020 |
von Dr. Josef Siffert
Grundlagen unserer Gesellschaft
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“Das wird diesmal etwas wirklich ganz anderes“, bringt Franz Fischler, Präsident des Europäischen Forum Alpbach, die Corona-bedingten Änderungen des heurigen Forums auf den Punkt. Denn die nach wie vor weltweit aktive Pandemie hat alle Pläne der Alpbacher auf den Kopf gestellt, einige davon dauerhaft. Abgesagt werden musste die Seminarwoche, für die üblicherweise 700 Stipendien an Studenten aus aller Welt vergeben werden. Da die Planung für 2020 schon frühzeitig begonnen hatte, waren auch heuer wieder, noch vor Corona, Bewerbungen möglich: 5.500 Interessenten aus 150 Staaten beweisen die Zugkraft Alpbachs, auch wenn die jungen Menschen heuer zwischen 23. August und 3. September nicht nach Tirol reisen werden. Ebenfalls der Corona zum Opfer fielen alle Empfänge.
Digital Visitenkarten austauschen
Neu hingegen sind rein digitale und hybride Veranstaltungsformate. So wurde in eine neue Konferenztechnik investiert, die sowohl im großen Veranstaltungssaal von einer eingeschränkten Anzahl an Teilnehmern als auch im Internet von bis zu 50.000 Nutzern gleichzeitig verwendet werden kann. Fischler: “Es handelt sich nicht um ein gewöhnliches Streaming. Man kann mit den Sprechern in Kontakt treten, sich zum Networking treffen oder digital Visitkarten austauschen.“ Ergänzend dazu bietet das Forum heuer Videos von Events an, die von den Kameraprofis der “Terra Mater“-TV-Sendung (“Servus TV“) produziert und im Netz verfolgt werden können. Zudem hat das Team um den früheren EU-Agrarkommissar die Forum-Alpbach-Alumniklubs in über 40 Ländern eingeladen, digitale Projekte einzureichen. Über 180 Vorschläge erreichten die Alpbach-Macher, von denen rund die Hälfte umgesetzt werden wird. So wird es im Internet nun Diskussionsrunden im EU-Parlament, aus Indien oder aus Afrika geben. All diese rund 100 Veranstaltungen können nur von einer kleinen Schar Eingeladener vor Ort in Alpbach, von allen anderen gegen 90 Euro Teilnahmegebühr im Internet verfolgt werden.
“Wir haben diese Zwangslage als Chance gesehen und genützt. Die neuen Formate sollen auch in Zukunft essenzieller Bestandteil des Forums Alpbach sein. Das Forum wird deutlich digitaler und somit erleichtern wir sowohl Gästen als auch Vortragenden aus aller Welt die Teilnahme“, so Fischler, der in jüngster Zeit “enorm hohes Interesse in zahlreichen Ländern Afrikas und Südostasiens“ ortet. Was werden diese “einige Tausend Teilnehmer“, die Franz Fischler für heuer als digitale Gäste erwartet, diskutieren? Das Generalthema heißt “Fundamentals“ und meint die Grundlagen unserer Gesellschaft. Der erfahrene Politiker dazu: “Wir stellen die Frage, ob diese unsere Fundamente wie Verfassungen, der Menschenrechtskatalog oder die Rolle der Wissenschaft in der Gesellschaft überhaupt noch ausreichend tragfähig sind, um die großen Herausforderungen unserer Zeit wie Klimawandel, Migration, Digitalisierung bzw. künstliche Intelligenz oder die wachsende Ungleichheit zu bewältigen. Und wir suchen Antworten auf Fragen wie: ‘Wo sind Änderungen bzw. Verbesserungen notwendig und wie lassen sich diese umsetzen?‘“
“Wir haben diese Zwangslage als Chance gesehen und genützt. Die neuen Formate sollen auch in Zukunft essenzieller Bestandteil des Forums Alpbach sein. Das Forum wird deutlich digitaler und somit erleichtern wir sowohl Gästen als auch Vortragenden aus aller Welt die Teilnahme“, so Fischler, der in jüngster Zeit “enorm hohes Interesse in zahlreichen Ländern Afrikas und Südostasiens“ ortet. Was werden diese “einige Tausend Teilnehmer“, die Franz Fischler für heuer als digitale Gäste erwartet, diskutieren? Das Generalthema heißt “Fundamentals“ und meint die Grundlagen unserer Gesellschaft. Der erfahrene Politiker dazu: “Wir stellen die Frage, ob diese unsere Fundamente wie Verfassungen, der Menschenrechtskatalog oder die Rolle der Wissenschaft in der Gesellschaft überhaupt noch ausreichend tragfähig sind, um die großen Herausforderungen unserer Zeit wie Klimawandel, Migration, Digitalisierung bzw. künstliche Intelligenz oder die wachsende Ungleichheit zu bewältigen. Und wir suchen Antworten auf Fragen wie: ‘Wo sind Änderungen bzw. Verbesserungen notwendig und wie lassen sich diese umsetzen?‘“
“Internationale Hochschulwochen“
Seit 75 Jahren leistet das Forum Alpbach, gegründet 1945 als “Internationale Hochschulwochen“, einen bedeutenden Beitrag zum geistigen Leben des Kontinents. “Der offene Charakter der Dialoge, weit weg von den Einschränkungen des politischen Tagesgeschäfts, hat es möglich gemacht, dass auch konträr denkende Gesprächspartner an einem Tisch sitzen“, beschreibt Fischler “sein“ Alpbach, dessen Präsident er nun das neunte Jahr ist und das er kommendes Jahr in die Hände seines Nachfolgers Andreas Treichl weitergibt.
Was waren seine Highlights?
Fischler zählt auf: “Da war der Bau des Kongresshauses, das heute doppelt so groß ist. Wir haben die junge Teilnehmerschaft internationalisiert: Wo früher junge Leute aus 30 Ländern anreisten, tun sie dies heute aus über 100 Ländern. Wir haben auch die kulturelle und humane Dimension ausgeweitet. Vor meiner Zeit gab es 15 wissenschaftliche Seminare im Angebot, heute sind dies 20 und noch weitere 20 für Kulturtechniken wie Sprechen, Gesang oder ‘art of hosting‘, also für das Wissen, was ich als Gastgeber von Veranstaltungen alles wissen und berücksichtigen muss.“ Unter Fischlers Ägide wurde zudem ein Begegnungstag mit einem prominenten Intellektuellen eingeführt, der sich Gäste einladen konnte, mit denen er vor und mit dem Publikum diskutiert hat. Und es ist ihm gelungen, in diesem knappen Jahrzehnt den Anteil der Referentinnen zu vervielfachen. Fischler konkret: “Wir liegen heute bei über 40% und schlagen damit Davos ganz klar.“ Und weiter: “Nicht unerwähnt soll bleiben, dass der jährliche finanzielle Aufwand des Forums von 3 Mio. Euro zu 95% privat finanziert wird.“