29.03.2021 |
von DI Hubert Köppl
Fungizideinsatz in Wintergerste unter neuen Aspekten
In diesem Jahr steht der Wirkstoff Chlorthalonil nicht mehr zur Verfügung, deshalb muss die Fungizidstrategie neu überdacht werden. Die als Nachfolgeprodukte in Betracht kommenden Kontaktwirkstoffe (Schwefel bzw. Folpet) greifen den Pilz ebenfalls an vielen Stellen an ("multi-site-Inhibitoren“), erreichen aber wahrscheinlich nicht die bisher gewohnte Leistung.
Krankheitsgeschehen
Ramularia-Sprenkelkrankheit kann auch vereinzelt schon im Herbst auftreten, bleibt aber dort unscheinbar. Im Frühjahr ist der Erreger durch eine massive Sporenproduktion bei entsprechender Witterung sehr aggressiv. Durch hohe Lichtintensität können die vom Pilz ausgeschiedenen Toxine den Blattapparat und in weiterer Folge die für die Assimilation sehr wichtigen Grannen und auch den Halm relativ rasch zerstören. Erkennbar ist der Befall an 1 bis 5 mm kleinen braunen bis braunschwarzen Nekrosen mit hellem Rand. Diese sind am Blatt durch die Adern scharf begrenzt.
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Man sollte aber auch die anderen Krankheiten nicht außer Acht lassen. Mehltauinfektionen kann es in üppigen Beständen bereits im Herbst geben, heuer hat man das aufgrund der langsamen Herbstentwicklung nur selten gesehen. Günstige Bedingungen im Frühjahr sind sonnenreiche, trockene Tage mit Tau am Morgen (hohe relative Luftfeuchtigkeit). Halmbruch spielt nur bei enger Getreidefruchtfolge eine Rolle. Eine trockene warme Witterung mit taureichen Nächten kann in Gerste Zwergrost begünstigt, erkennbar an kleine orange-rote Pusteln, die bei starkem Befall das Blatt ebenfalls stark schädigen. Längliche von den Blattadern begrenzte gitterartige Flecke entstehen durch die Netzfleckenkrankeit, diese kann aber auch mit rundlichen, braunen Flecken in Erscheinung treten ("spot-type“). Rhynchosporium-Blattflecke (heller Flecke mit braunem Rand, v.a. am Blattgrund zu finden) sind durch verbesserte Sortentoleranz eher selten geworden.
Integrierter Pflanzenschutz
Das Warndienstportal www.warndienst.at prognostiziert die vorhin genannten Krankheiten, wobei man korrekterweise sagen muss, dass die Modelle für Ramularia für die Praxis noch nicht so aussagekräftig sind. Für die anderen Krankheiten bieten sie aber eine sehr gute Orientierung.
Im Sinne eines integrierten Ansatzes sollte die Sortenwahl im Vordergrund stehen, leider hat sich im züchterischen Bereich hier in den letzten Jahren keine wirklich bedeutende Weiterentwicklung gezeigt. Die Sorteneinstufung der AGES listet die besten mehrzeiligen Sorten mit Note 5 auf, die zweizeiligen beginnen gar erst mit Note 6 (siehe Übersicht). In der Praxis sieht man relativ wenig Unterschiede, Ramularia tritt in Sortenversuchen zuerst bei den etwas früher reifenden zweizeiligen Gersten auf und befällt dann etwas später auch die mehrzeiligen. Das hat aber eher mit dem Blattalter zu tun, als mit der Sortenanfälligkeit
Im Sinne eines integrierten Ansatzes sollte die Sortenwahl im Vordergrund stehen, leider hat sich im züchterischen Bereich hier in den letzten Jahren keine wirklich bedeutende Weiterentwicklung gezeigt. Die Sorteneinstufung der AGES listet die besten mehrzeiligen Sorten mit Note 5 auf, die zweizeiligen beginnen gar erst mit Note 6 (siehe Übersicht). In der Praxis sieht man relativ wenig Unterschiede, Ramularia tritt in Sortenversuchen zuerst bei den etwas früher reifenden zweizeiligen Gersten auf und befällt dann etwas später auch die mehrzeiligen. Das hat aber eher mit dem Blattalter zu tun, als mit der Sortenanfälligkeit
Fungizidstrategien ohne Chlorthalonil
Die beiden in Frage kommenden "Ersatzwirkstoffe“ für Chlorthalonil, einerseits schwefelhältige Fungizide (z.B. Thiopron, Thiovit Jet, diverse Netzschwefelpräparate) und der Wirkstoff Folpet (Folpan 500 SC) sind ebenfalls Kontaktfungizide, reichen aber in unseren Versuchen nicht ganz an den Wirkstoff Chlorthalonil heran. Schwefel hat im Getreide eine Zulassung gegen Echte Mehltaupilze, für Folpet wurde eine Notfallzulassung in Gerste ab 1. April für 120 Tage erteilt.
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Halmbruch spielt nur bei intensiver Getreidefruchtfolge, hoher Stickstoffdüngung und feucht-kühler Witterung eine Rolle. Zu beachten ist, dass prochlorazhältige Produkte (z.B. Kantik) in Gerste ab heuer nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Ein starkes Produkt ist hier Unix (0,6 kg/ha) in Kombination mit Tern (0,5 l/ha). Diese Mischung erfasst auch andere Krankheiten wie Mehltau oder Netzflecken.
Die Bekämpfungsschwelle für Mehltau ist nach bayerischem Gerstenmodell 50% Befallshäufigkeit auf F-4 bzw F-3; zur Bestimmung werden, wie bei allen anderen angeführten Schwellen, 30 Pflanzen herangezogen.
Die Bekämpfungsschwelle bei Netzflecken sind im ES 31 (ein-Knoten-Stadium) 20% Befallshäufigkeit auf den obersten beiden Blättern, bei Zwergrost 30% auf den Haupttrieben. Die aktuelle Infektionssituation samt Prognose kann auch immer unter www.warndienst.at abgerufen werden. Auch 0,8 l/ha Fandago ist breit wirksam, das bestätigen auch unsere drei unwiederholten Praxisversuche (Tab. 1).
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Mehltau und Zwergrost werden auch von Pronto plus (1,0 l/ha) oder dem "neuen“ Input Classic (1,0 l/ha) erfasst. Bei stärkerem Krankheitsauftreten und angestrebtem höheren Ertragsniveau kann das je nach Überschreiten der Bekämpfungsschwellen bereits ab ES 31/32 bis zu zum Fahnenblatt ES 37/39 zu einer Behandlung führen. Ramularia wird aber auch mit den beiden Kontaktwirkstoffen Schwefel und Folpet am effizientesten ab Grannenschieben ES 51 erfasst, damit kann es unter den neuen Rahmenbedingungen zu einem zweimaligen Fungizideinsatz kommen.
In der Praxis hat man gesehen, dass Schwefel oder Folpet die beste Wirkung in Mischung mit starken Carboxamid-Azolkombinationen (z.B. Ascra Xpro, Elatus Era, Gigant, Input Xpro, Revytrex) entfalten (Varianten 4 und 6 in Tab.1). Das geht auch aus unseren letztjährigen Versuchen hervor, wo der alleinige Schwefeleinsatz (aber mit Netzmittel) am Ende des Grannenschiebens den Ramulariabefall nicht mehr stoppen konnte (Variante 5 in Tab. 1).
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Bei einer Einmalbehandlung sollen die genannten Carboxamid-Azolkombinationen aus resistenzvorbeugenden Gründen nicht allein sondern auch in Mischung mit Schwefel oder Folpan 500 SC ab dem Grannenspitzen eingesetzt werden - das gilt auch für das neue Revytrexl, das eine gut Ramularia-Wirkung besitzt. In Tabelle 2 wurden am Standort in Bad Wimsbach in einem vierfach wiederholten Exaktversuch Schwefel und Folpet verglichen.
![[jpegs.php?filename=%2Fvar%2Fwww%2Fmedia%2Fimage%2F2021.03.11%2F1615458240155568.png]](https://cdn.lko.at/lko3/mmedia/image/2021.03.11/1615458240155568.png?m=MzYzLDI0MA%3D%3D&_=1615458240)
In Summe kann gesagt werden, dass der Zusatz von Folpan 500 (Varianten vier und fünf) im Vergleich zu Varianten mit Thiovit Jet (Versuchsglieder zwei und drei) knapp 300 kg/ha Mehrertrag erzielte. Der Einsatz von Folpan 500 SC mit Zusatz eines Netzmittels am Ende des Grannenschiebens in Variante sechs brachte einen Mehrertrag, Ergebnisse von anderen Versuchsanstellern brachten aber keine so deutlichen Effekte, deshalb wird in der Praxis empfohlen auch Folpan 500 SC mit einer starken Carboxamid-Azolkombinationen zu mischen.