28.07.2020 |
von Dr. Josef Siffert
Boku - Lehre und Forschung mit Bodenhaftung
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Wenn der Direktor der landwirtschaftlichen Versuchswirtschaften der Universität für Bodenkultur, Helmut Wagentristl - er ist auch Leiter der Versuchswirtschaft Groß-Enzersdorf - seine Dienststelle im niederösterreichischen Groß-Enzersdorf betritt, befindet er sich auf historischem Boden. Fast 120 Jahre alt ist nämlich diese Einrichtung, die 1903 als “Versuchseinrichtung“ gegründet worden ist, “um dem Mangel einer praxisbezogenen Lehr- und Forschungseinrichtung für die Studienrichtung Landwirtschaft abzuhelfen“, wie es im Erlass des “Ministeriums für Cultus und Unterricht“ vom 2. April 1902 hieß, der Groß-Enzersdorf an die damalige “k.k. Hochschule für Bodencultur“ übertrug. Heute umfassen die Boku-Versuchswirtschaften mehr als 170 ha Fläche, wovon 70 ha auf Groß-Enzersdorf selbst (Ackerbau, Forschungsglashäuser, Bodenlabor), weitere 70 ha auf Raasdorf (Ackerbau; davon 25 ha ökologisch) und 40 ha auf Tulln (Ackerbau, Forschungsglashäuser) fallen. Daneben gibt es noch Forschungsglashäuser in Wien.
Vielfältige Aufgabengebiete
Mit den Worten “die Jugend fördern“ lassen sich die vielfältigen Aufgabengebiete der Boku-Versuchswirtschaften treffend umreißen. Wagentristl dazu detailliert: “Das Angebot an Lehre und Forschung ist breit. Die vielfältigen Forschungsprojekte werden zum einen von Wissenschaftlern der Boku selbst initiiert und mit Studentinnen und Studenten, vom Bachelor-Studenten bis zum Dissertanten, durchgeführt. Ein Versuch startet bei der Versuchsberatung, geht dann weiter zum Versuchsdesign und gipfelt in der Durchführung. Diese reicht dann vom Anbau über die Kulturführung bis zur Datenerhebung und -analyse und zur Ernte.“ Seit 1975 betrug der Output mehr als 80 Diplom- und Masterarbeiten und 32 Dissertationen. Wagentristl weiter: “Auf unsere Ressourcen können natürlich alle Institute zugreifen. Im langjährigen Schnitt sind es jedoch zwischen zehn und zwanzig wie die Fachgebiete Pflanzenbau, Pflanzenzüchtung, Pflanzenschutz, Landtechnik, Meteorologie, Bodenkunde, Botanik oder Zoologie.“
Andererseits führen die Versuchswirtschaften auch Auftragsforschungen durch. Das können Prototypen- und Gerätetestungen ebenso sein wie Bodenanalysen. Auftraggeber sind dabei sowohl andere wissenschaftliche Institutionen wie die Veterinärmedizinische Universität, die Ages oder das Forschungszentrum Seibersdorf oder Unternehmen aus der Industrie wie Saatzucht-, Pflanzenschutz- oder Landtechnik-Firmen. Auf den Wirtschaftsflächen betreiben die Versuchswirtschaften Saatgutvermehrung. Veranstaltungen mit Landwirten in Kooperation beispielsweise mit dem ÖKL (Österreichisches Kuratorium für Landtechnik) runden das Angebot ab.
Andererseits führen die Versuchswirtschaften auch Auftragsforschungen durch. Das können Prototypen- und Gerätetestungen ebenso sein wie Bodenanalysen. Auftraggeber sind dabei sowohl andere wissenschaftliche Institutionen wie die Veterinärmedizinische Universität, die Ages oder das Forschungszentrum Seibersdorf oder Unternehmen aus der Industrie wie Saatzucht-, Pflanzenschutz- oder Landtechnik-Firmen. Auf den Wirtschaftsflächen betreiben die Versuchswirtschaften Saatgutvermehrung. Veranstaltungen mit Landwirten in Kooperation beispielsweise mit dem ÖKL (Österreichisches Kuratorium für Landtechnik) runden das Angebot ab.
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Hinter den Versuchskulissen
Wagentristls Stellvertreterin, Pia Euteneuer, lässt ein wenig hinter die Versuchs-Kulissen blicken: “Unser ältester Versuch ist der Ewig-Roggen. Er wird seit 1906 durchgeführt. Ein derartiges Langzeitmonitoring gibt es in Europa nur ganz selten.“ Euteneuer zählt je einen Standort in Deutschland, Frankreich und Großbritannien auf. Wie ist dieser Forschungs-Dauerbrenner organisiert? Es handelt sich um eine Dreifelder-Fruchtfolge (Roggen, Sommergerste, Schwarzbrache), die Roggen in Monokultur in der Variante ungedüngt, Mineraldünger und Stallmist gegenübergestellt wird. Euteneuer, die mit drei weiteren Kollegen an diesem Versuch arbeitet, erklärt: “Die Ertragsdaten sind seit den 60er-Jahren vorhanden. Im heurigen und nächsten Jahr wird die ökologische Biodiversität, die sich seit 114 Jahren unter diesen extremen Bedingungen etabliert hat, untersucht. Dabei werden vor allem die Regenwurm- und Insektenpopulation sowie die vielfältige Unkrautflora näher betrachtet.“ Ein weiterer Versuch, der schon auf eine gewisse Geschichte zurückblicken kann, ist der Bodenbearbeitungsversuch seit 1996. Dabei werden fünf verschiedene Bearbeitungsvarianten (Pflug, Grubber flach, Grubber tief, Direktsaat und wechselnde Bodenbearbeitung) mit zwei unterschiedlichen Fruchtfolgen in Großparzellen angewandt und untersucht. Euteneuer: “Heuer und im nächsten Jahr werden die Regenwurmpopulation, die Mykorrhiza und verschiedene Bodeneigenschaften in Interaktion auf den Maisertrag untersucht. Außerdem wird der Einfluss von zusätzlich eingebrachten Regenwürmern auf den Mais- und den darauffolgenden Winterweizenertrag beobachtet.“ Dieser Versuch zeigt auch deutlich, dass die Universität für Bodenkultur auch international bestens vernetzt ist: Denn er läuft parallel auch in Gödöllö (Ungarn) und in Novi Sad (Serbien) in Kooperation mit den jeweiligen Universitäten.
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Versuche an der Boku Groß-Enzersdorf
- Boden-Wasser-Fusarium seit 2003
- Sustainable Intensification seit 2015
- Regenwürmer im Zwischenfruchtanbau, zweijähriger Versuch
- Intercropping, zweijähriger Versuch
- Saatdichte von Mohn, zweijähriger Versuch
- Gemengeanbau von Käferbohne, dreijähriger Versuch
- Evaluierung von nicht destruktiven Messverfahren, zweijähriger Versuch
- Remote Sensing, zweijähriger Versuch
- Verdichtungen im Acker, vierjähriger Versuch
- Klimaangepasste Pflanzenzüchtung für den Ökolandbau